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Hallo,

da es inzwischen einige günstige Tilt-Objektive gibt, überlege ich mir, mal eines anzuschaffen.

Wenn ein Objekt in die Länge nach hinten geht, könnte man ja interessante Fotos machen?

Andererseits ist die Gefahr groß, dass es so ausschaut wie mit großer Tiefenschärfe aufgenommen und  nachträglich softwaremäßig den äußeren Bereich unscharf gemacht zu haben. Andererseits fehlt dann aber das Licht für dieses Vorgehen (kleine Blende). Was meint Ihr?

An Shift bin ich weniger interessiert, da kann ich ja mit einer hochauflösenden Kamera und entsprechendem Weitwinkelobjektiv genaue den selben Effekt softwaremäßig erzielen, oder nicht?

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Hallo benmao, es gibt auf youtube sicher ...zig Videos die sich mit Tilt/Shift-Objjektiven auseinandersetzen. Ich stelle Dir hier einmal eines davon ein nur um einen Anhaltspunkt zu geben und ohne den Film näher begutachtet zu haben. Die Väter von Tilt/Shift-Objektiven sind Fachkameras oder Laufbodenkameras wie z. B. die Linhof-Technika-Serie die heute nicht mehr oft eingesetzt werden bzw. für die es dann digitale Rückteile gibt. Das waren früher die Planfilm oder Rollfilmkasseten. Linhof-Technika wird z. B. nicht mehr gebaut. Heute kannst Du für digitale KB-Kameras auch so etwas kaufen (auch nur ein Beispiel).https://www.calumetphoto.de/product/cambo-actus-schwarz-sony-e/camactusb6

Ich denke es ist gut wenn Du Dich über die Grundlagen der "Fachfotografie" erst einmal gründlich selbst informierst, da ich es für beide Seiten als wenig gewinnbringend befürchte bei Deinem von mir vermuteten Kenntnisstand in einen schriftlichen Austausch zu gehen. Auf jeden Fall ist es ein sehr interessantes Gebiet das ich Dir empfehlen kann.

LG Joachim

Hat mir jetzt keine Ruhe gelassen weil ich mich lange nicht mehr damit beschäftigt habe. Hier ein Video von Ruediger Schestag aus Berlin der alles genau erklärt. Anstelle des Mischpults kannst Du Dir eine Baumreihe vorstellen die von vorn bis hinten scharf abgebildet werden soll. Du musst Dir den Aufbau nur um 90 Grad gedreht vorstellen. Wenn Du nur die Mitte der Baumreihe scharf haben möchtest kannst Du das natürlich auch so einstellen. Im übrigen kann man auf der Canon Homepage interessante Anwendungen in der bildmäßigen Fotografie sehen. Hier z. B. sogar Reportagefotografie. Auch ist noch interessant, das man den Scheimpflug-Effekt eben nicht mit Fokusstacking erreichen kann. Ruediger Schestag ist einer der wenigen wirklichen Fachleute die auf YouTube publizieren.

LG Joachim

PS: Es ist z.B. gerade nicht so, dass Du stark abblenden musst um die ganze Baumreihe scharf zu bekommen. Du kannst die Schärfentiefe so gestalten wie bei einem "normalen" Foto.

Edited by Formula
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vor 2 Stunden schrieb benmao:

Andererseits ist die Gefahr groß, dass es so ausschaut wie mit großer Tiefenschärfe aufgenommen und  nachträglich softwaremäßig den äußeren Bereich unscharf gemacht zu haben.

Da die Schärfeebene beim Tilten in die Tiefe des Bildes läuft, wäre es ziemlich aufwendig diesen Effekt in überzeugender Form per Bildmanipulation zu erzeugen. Es ist ja nicht einfach nur der äußere Bereich unscharf, sondern der ganze Unschärfeverlauf kippt ins Bild hinein.

Einzig wenn das Tilten in erster Linie der Erzielung hoher Schärfentiefe am Motiv dient, kann man dies mit Fokus-Stacking gut (oder besser bei nicht planen Objekten) und aufwendiger ersetzen.

vor 2 Stunden schrieb benmao:

An Shift bin ich weniger interessiert, da kann ich ja mit einer hochauflösenden Kamera und entsprechendem Weitwinkelobjektiv genaue den selben Effekt softwaremäßig erzielen, oder nicht?

Ja, sofern nur geringes Shiften erforderlich wäre. Bei stärkerem Shiften müsste man ohne Shift-Objektiv dann rasch gewaltig croppen und nutzt hpts. die schlechteren Randbereiche des Weitwinkelobjektivs. Zudem kann es bei Verwendung eines sehr weitwinkligen Shift-Objekivs schwierig werden überhaupt ein normales Objektiv mit nötigem Bildwinkel zu finden (Letzteres muss deutlich weitwinkliger sein als das zu simulierende Shift-Objektiv).

 

Tilten lässt sich also oft schwierig simulieren und simuliertes stärkeres Shiften mit normalem Objektiv ist qualitativ deutlich unterlegen.

Edited by flyingrooster
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vor 10 Minuten schrieb nightstalker:

ich warte ja nur, bis mal einer auf die Idee kommt, einen Tilteffekt mit gestackten Bildern zu errechnen ... theoretisch könnte man mit einem feinen Stack jede Ebene scharf stellen, die man sich ausdenken kann

Wäre faszinierend, wird jedoch ohne zusätzliche Erfassung der Tiefeninformation jedes Bildanteils nicht funktionieren. Ob die Genauigkeit der Tiefenermittlung über die Fokuseinstellung des Objektivs und max. Kontrast eines bestimmten Punkts dafür ausreicht…?

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vor 12 Minuten schrieb flyingrooster:

Wäre faszinierend, wird jedoch ohne zusätzliche Erfassung der Tiefeninformation jedes Bildanteils nicht funktionieren. Ob die Genauigkeit der Tiefenermittlung über die Fokuseinstellung des Objektivs und max. Kontrast eines bestimmten Punkts dafür ausreicht…?

ich denke auch dafür findet sich eine Lösung 🙂 ... ich meine, hätten wir mit den anderen Verrechnungstricks gerechnet (Hihi Wortspiel) bevor es einer gemacht hat?

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vor 16 Minuten schrieb nightstalker:

ich denke auch dafür findet sich eine Lösung 🙂 ... ich meine, hätten wir mit den anderen Verrechnungstricks gerechnet (Hihi Wortspiel) bevor es einer gemacht hat?

Mag schon sein, man braucht halt Geduld.

Spätestens, wenn dem Kameramarkt weitere aktuelle Innovationen ausgehen, wird man sich neue suchen – vielleicht auch dies. Aber erstmal müssen wir noch 27 weitere brandneue AF-Motiverkennungen abwarten. Erst dann kommt die Erfassung des 3D-Raums dran und das ganze AF-Zeugs is gleich wieder komplett für die Fisch’. 😉

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vor 2 Stunden schrieb flyingrooster:

Mag schon sein, man braucht halt Geduld.

Spätestens, wenn dem Kameramarkt weitere aktuelle Innovationen ausgehen, wird man sich neue suchen – vielleicht auch dies. Aber erstmal müssen wir noch 27 weitere brandneue AF-Motiverkennungen abwarten. Erst dann kommt die Erfassung des 3D-Raums dran und das ganze AF-Zeugs is gleich wieder komplett für die Fisch’. 😉

Muss mich korrigieren: habe gerade gesehen Linhof Laufbodenkameras gibt es noch z. B. als Linhof Master Technika. Gruß Joachim

Edited by Formula
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vor 8 Stunden schrieb flyingrooster:

Wäre faszinierend, wird jedoch ohne zusätzliche Erfassung der Tiefeninformation jedes Bildanteils nicht funktionieren. Ob die Genauigkeit der Tiefenermittlung über die Fokuseinstellung des Objektivs und max. Kontrast eines bestimmten Punkts dafür ausreicht…?

Gib der AI ein gutes Set an Beispielen und es wird etwas ähnliches rauskommen (wenn auch ganz anders erzielt).

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vor 2 Stunden schrieb wasabi65:

Gib der AI ein gutes Set an Beispielen und es wird etwas ähnliches rauskommen (wenn auch ganz anders erzielt).

Grundsätzlich ja. Aber ich vermute, dass es beim aktuellen Stand der KI-Anwendungen sehr schwierig bis unmöglich ist einen simulierten Schärfe-Unschärfeverlauf im Sinne einer wunschgemäß verkippten Schärfeebene in ein aufgenommenes Foto einer Szene rechnen zu lassen. In weiterer Zukunft mag sich dies ändern, aber bis dahin würde ich einfach ein Tilt-Objektiv kaufen und mit wenigen Minuten Mehraufwand das gewünschte Foto aufnehmen, anstatt ein nicht-Tilt Objektiv zu verwenden und der KI danach stundenlang zu beschreiben woran sie letztlich wohl doch scheitern wird.

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vor einer Stunde schrieb flyingrooster:

und der KI danach stundenlang zu beschreiben woran sie letztlich wohl doch scheitern wird.

Wenn man es in Worten beschreiben muss, sicherlich. Ich beschäftige mich nicht mit KI Bildbearbeitung, aber was ich so nebenbei mitbekomme, scheint das tatsächlich im Moment sehr textlastig zu laufen. Es wäre aber doch denkbar, in dem Bild verschiedene Punkte zu markieren und dem Programm dann zu sagen: „Lass die Schärfe auf einer gedachten Ebene verlaufen, welche diese markierten Punkte schneidet.“ Oder liege ich da falsch?

Das setzt sicherlich ein aufwändiges Fokus Stacking voraus, nehme ich an. Persönlich würde ich auch eher zum Tiltobjektiv neigen. Mir scheint das weniger aufwändig, und ich könnte den Effekt gleich bei der Aufnahme kontrollieren und sehen.

Edited by leicanik
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vor 1 Stunde schrieb leicanik:

Es wäre aber doch denkbar, in dem Bild verschiedene Punkte zu markieren und dem Programm dann zu sagen: „Lass die Schärfe auf einer gedachten Ebene verlaufen, welche diese markierten Punkte schneidet.“ Oder liege ich da falsch?

Das wäre prinzipiell sicher möglich. Allerdings müsste einerseits dafür das entsprechende Interface entwickelt werden (also ausreichend Bedarf daran bestehen) und andererseits müsste die KI in der Lage sein die Position jedes einzelnen Pixels des Bildes im abgebildeten Raum korrekt zu interpretieren, also ein dreidimensionales Modell sehr hoher Genauigkeit zu generieren. Ich stelle mir dies ohne irgendwelche Tiefeninformationen als sehr schwierig vor, aber wer weiß was die Zukunft bringen mag. Plenoptische Kameras könnten dies, aber Lytro und Co. ist bislang Erfolg auf breiterer Basis verweigert geblieben.

 

vor 2 Stunden schrieb leicanik:

Persönlich würde ich auch eher zum Tiltobjektiv neigen. Mir scheint das weniger aufwändig, und ich könnte den Effekt gleich bei der Aufnahme kontrollieren und sehen.

Definitiv. Gerade an Kameras mit EVF/Display ist der Vorgang des Tiltens, auch dank Lupenfunktion der Kameras, sehr viel bequemer und schneller mit hoher Genauigkeit durchzuführen als noch mit optischen Suchern. Die Schärfeebene wunschgemäß zu verkippen und an die jeweiligen Motive anzupassen erfordert nämlich methodisches Vorgehen mittels eines itterativen Prozesses und ständiger optischer Kontrolle. Exaktes Tilten ohne Liveview ist ungleich mühsamer.

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vor 1 Stunde schrieb flyingrooster:

Das wäre prinzipiell sicher möglich. Allerdings müsste einerseits dafür das entsprechende Interface entwickelt werden (also ausreichend Bedarf daran bestehen) und andererseits müsste die KI in der Lage sein die Position jedes einzelnen Pixels des Bildes im abgebildeten Raum korrekt zu interpretieren, also ein dreidimensionales Modell sehr hoher Genauigkeit zu generieren. Ich stelle mir dies ohne irgendwelche Tiefeninformationen als sehr schwierig vor, aber wer weiß was die Zukunft bringen mag. Plenoptische Kameras könnten dies, aber Lytro und Co. ist bislang Erfolg auf breiterer Basis verweigert geblieben.

 

Definitiv. Gerade an Kameras mit EVF/Display ist der Vorgang des Tiltens, auch dank Lupenfunktion der Kameras, sehr viel bequemer und schneller mit hoher Genauigkeit durchzuführen als noch mit optischen Suchern. Die Schärfeebene wunschgemäß zu verkippen und an die jeweiligen Motive anzupassen erfordert nämlich methodisches Vorgehen mittels eines itterativen Prozesses und ständiger optischer Kontrolle. Exaktes Tilten ohne Liveview ist ungleich mühsamer.

3D-Modelle an "gestackten" Bildern gibt es seit mehr als 20 Jahren. Daran wurden damals auch schon Messungen durchgeführt.

Wer sich weiter mit dem Thema beschäftigen möchte wird vielleicht hier fündig: https://www.olympus-sis.com/

Gruß Joachim

Edited by Formula
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Am 10.12.2024 um 20:16 schrieb benmao:

Was meint Ihr?

Shiften mit der Fachkamera auf Planfilm 4x5" bis 8x10"

Die Mutter aller Verstellbarkeit. Es ist im Prinzip jede Verstellung auf jeder Fachkamera möglich, aber nicht immer mit dem gleichen Komfort. Sehen wir uns das an Hand der "Die Schwyzer habänns erfundänn" sinar p2 an. Shift ist noch vergleichsweise einfach. Die beiden Standarten werden vertikal oder/und horizontal verschoben.

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Man macht sich hier den großen Bildkreis des Fachkameraobjektives zunutze. Das hat zum Beispiel einen Bildkreis von 200 mm, in welchen man die Filmkassette mit einem Aufnahmeformat von 100 x 125 mm beliebig positionieren kann. Das ist bei allen Fachkameras gleich.

Tilten mit der Fachkamera auf Planfilm 4x5" bis 8x10"

Die Unterschiede ergeben sich beim Tilten. Betrachten wir zuerst Tilt um eine horizontale Achse.

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Die Neigung wird hier über eine gekrümmte Führung realisiert, welche dafür sorgt, dass die Kipphachse innerhalb des Bildformates liegt. Wäre das nicht der Fall, würde die Standarte aus der Schärfe kippen und es müsste bei jeder Tilt-Verstellung nachfokussiert werden. Das hat aber noch einen zweiten Effekt.

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Dreht man zusätzlich die Standarte - also Tilt um eine vertikale Achse - ist die Drehachse oberhalb des Kippachse. Wäre es umgekehrt - wie bei älteren Modellen - würde die Standarte bei so einer Bewegung zur Seite kippen ("torkeln") und die Kamera müsste in die Gegenrichtung geneigt werden, um den Effekt auszugleichen. Hier sieht man übrigens die Drehachsen auf der Mattscheibe anhand der gestrichelten Linien.

Klingt jetzt ein wenig technisch, aber nehmen wir einfach zu Protokoll, dass diese Bauweise mittlerweile von allen Fachkameraherstellern übernommen wurde. Ausgenommen sind hier die klassischen Laufbodenkameras, da wäre so ein Mechanismus zu sperrig. Man kann wie schon geschrieben auch mit jeder anderen Großformatkamera jede Einstellung vornehmen, aber so geht es am bequemsten.

Shift und Tilt mit der Fachkamera mit digitalem Rückteil

Digitale Scanrückteile - heute eine historische Technik - hatten eine aktive Fläche von etwa 7 x 10 cm, also etwa so groß wir ein klassisches Polaroid und kleiner als der Film. Digitale Rückteile von Mittelformatkameras - für welche es Adapter gibt - haben Formate ab 33 x 44 mm bis maximal dem klassischen 645 Format. Dafür ist die obige Mechanik nicht gedacht. Dafür gibt es spezielle kleinformatige Fachkameras, die aber dem obigen Prinzip entsprechen. Für Nostalgiker können einige auch mit Planfilm 6,5 x 9 arbeiten.

Shift-/Tilt-Objektive für Kleinbild- und Mittelformatkameras

Beim Shiften ist das Prinzip das gleiche wie oben. Ein Objektiv mit übergroßem Bildkreis wird so bewegt, dass Film oder Sensor innerhalb des Bildkreises bleiben. Üblicherweise kann das Objektiv nur in eine Richtung verstellt und dann in die erforderliche Position gedreht werden. Bei der Tiltfunktion gibt es Abstufungen. Bei Nikon PC Objektive vor dem PC NIKKOR 19mm f/4E ED konnten Tilt-Verstellungen entweder entlang der Shiftrichtung oder quer dazu durchgeführt werden. Der Service konnte das jeweils auf die andere Einstellung umbauen. Beim 19mm und den meisten anderen aktuellen T/S-Objektiven können über Drehmechanismen Shift und Tilt in alle Richtungen bewegt werden und damit wie bei der Großformatkamera jede optisch mögliche Verstellung eingestellt werden. Der Begriff "Superrotator" hat sich dafür eingebürgert.

Shift- und Tilt-Adapter

Wie schon festgestellt, haben T/S Objektive einen größeren Bildkreis, als der Aufnahmesensor vorschreibt und eine Mechanik, welche es erlaubt, dieses Objektiv variabel vor dem Sensor zu positionieren. Das kann nachgebildet werden, wenn man zum Beispiel ein vorhandenes Mittelformatobjektiv über einen T/S-Adapter an eine Kleinbildkamera adaptiert. Speziell bei einem SLR Objektiv für Mamiya oder Pentax 645 oder Pentax 67 an eine Spiegellose Systemkamera ist jede Menge Platz für eine entsprechende Mechanik. Ebenso bei Kleinbild-SLR Objektiven an einer MFT Kamera.

Aber! Damit das Ganze Sinn macht, muss das Objektiv einen Blendenring haben, da eine elektronische Adaption zwischen diesen Systemen nicht unterstützt wird. Was soviel heißt wie "Objektiv aus den Achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts an Kamera aus den Zwanziger Jahren des 21. Jahrhunderts". Nicht gut. Diese Objektive wurden für das Medium Film gerechnet und was sie so am hochauflösenden Digitalsensor leisten, muss man testen. Kann reichen, kann nicht reichen. Deshalb macht es nur dann Sinn, wenn das Objektiv vorhanden und noch frei von Schimmel ist und wenn man über die Adaption einmal in das Thema schnuppern möchte. Auf die Einkaufsliste würde ich so eine Kombi nicht setzen.

Soweit die graue Theorie. Und jetzt?

Warum erzähle ich das alles? Es braucht ein wenig Theorie, um T/S-Objektive richtig einzusetzen und Scheimpflug alleine erklärt nicht alles. Man muss ein Gefühl dafür entwickeln, in welche Richtung man drehen, schwenken, schieben muss, um die Bildvorstellung umzusetzen. Bei Shift ist zum Beispiel wichtig, wie groß der Bildwinkel des Objektives insgesamt ist und wie groß ein Objekt sein darf, um zur Gänze abbildbar zu sein. Sonst kann es vorkommen, dass der Shift auf Anschlag und die Turmspitze noch immer nicht im Bild ist. Auch muss man sich im Klaren sein, dass man sich bei ultragroßen Bildwinkeln in den Bereich extremer Randverzerrungen bewegt. Damit meine ich nicht Verzeichnungen, sondern den Effekt, dass Objekte am Bildrand in die Länge gezogen aussehen. Da kann eine mäßigere Brennweite und - soferne möglich - ein größerer Abstand zu harmonischeren Ergebnissen führen.

Bei den Tilt-Verstellungen wird man erstaunt sein, wie wenig Neigung in der Praxis erforderlich ist. In der Blütezeit der Großformatkameras haben sich die Hersteller mit Verstellwinkeln übertrumpft. Balgenverrenkungen wurden präsentiert, welche die Frage aufkommen ließen, wie das Licht -welches sich bekanntlich geradlinig ausbreitet - da noch durchkommen soll.

Auch muss man sich darüber im klaren sein, dass die Tilt-Verstellung die Schärfentiefe nicht erhöhen, sondern lediglich die Schärfenebene neigen kann. Möchte ich eine Haselnuss formatfüllend scharf haben, kann ich tilten und shiften so viel ich will. Das Ding ist dreidimensional und wird immer nur teilweise in den Schärferaum eintauchen. Der Effekt ist somit hauptsächlich bei relativ flachen Objekten wirksam. Wobei natürlich die Erhöhung der Schärfentiefe durch Abblenden auch hier funktioniert, falls die Erde einmal doch keine perfekte Scheibe ist.

Urban Legends

In Massenforen kommt meist sehr schnell der Hinweis auf die Tilt-/Shift-Balgengeräte von Novoflex und dass die eh ein Ersatz für ein echtes T/S-Objektiv wären. Völliger Unsinn. Tilt und Shift bringt im extremen Nahbereich - und dort sind Balgengeräte zuhause - recht wenig. Objektivköpfe, welche am Balgengerät Unendlicheinstellung erlauben, haben lange Brennweiten und der T/S-Effekt ist nun einmal im Weitwinkelbereich am deutlichsten.

Dass Shiftobjektive bessere Ergebnisse als Ausschnitte aus hochaufgelösten Aufnahmen mit Spitzenobjektiven erzielen können, mag für die bekannten Marken zutreffen. Ich hatte in den Achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts das Mamiya Shift 50mm an der M645 im Einsatz. Das Ding hatte eine Randschärfe, dass einem richtig übel wurde. Das hätte gegen eine moderne Kleinbildkombi kein Land gesehen. Und das Schneider PCS Super-Angulon war damals ein Objektiv des Reichen Mannes [TM].

Was kann mein Freund der Computer?

Der kann Einiges. Shiften über Software ist ja gut bekannt. Ist man sehr pingelig, ist es nicht ganz das Selbe. Stehe ich vor dem Portal von Notre Dame und halte die Kamera schräg nach oben, muss die ganze Fassade in der Schärfentiefe sein, soferne ich kein Tilt-Objektiv benutze. Das ist aber bei Weitwinkelobjektiven auf diese Entfernung ohnehin kein Thema. Mit dem Shift-Objektiv wäre ich auf jeden Fall in der Schärfentiefe, solange der Sensor parallel zur Fassade bleibt.

Kann der Computer auch Tilt? Jein. Im Prinzip wäre es keine Großtat, aus einem Focus Bracketing Stapel eine Tilt Aufnahme zu errechnen. Wenn es denn die entsprechende Software gäbe. Mir ist aktuell kein Programm bekannt, welches das unterstützen würde. Und für die meisten Anwendungsfälle tut es normales Stacking auch. Es sei denn, man möchte den "Modelleisenbahneffekt" nachbilden, nach welchem vor zwanzig Jahren alle Videofilmer ganz närrisch waren. Damals hatten die viel zu spielen, nachdem durch die ersten Kleinbildkameras mit Videofunktion Objektive nutzbar wurden, welche man an klassischen Videokameras mit kleinen Sensoren nicht gekannt hatte. Zum Beispiel Shift und Tilt.

Es gäbe noch allerhand zu schreiben zu diesem Thema. Aber sehen wir einmal, ob das überhaupt jemand zu Ende liest.

Edited by tengris
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vor einer Stunde schrieb tengris:

Die beiden Standarten werden vertikal verschoben.

Ich sollte nicht so spät noch so viel schreiben. Die Standarten können beim Shift natürlich in jede Richtung verschoben werden. Horizontal, oder vertikal oder beides zusammen. "Nach oben" ist halt in der Architekturfotografie die dominante Verschiebungsrichtung. Weil Türme nun mal nach oben wachsen und der Fotograf üblicherweise unten steht.

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vor 1 Stunde schrieb tengris:

Was kann mein Freund der Computer?

Der kann Einiges. Shiften über Software ist ja gut bekannt. Ist man sehr pingelig, ist es nicht ganz das Selbe. Stehe ich vor dem Portal von Notre Dame und halte die Kamera schräg nach oben, muss die ganze Fassade in der Schärfentiefe sein, soferne ich kein Tilt-Objektiv benutze. Das ist aber bei Weitwinkelobjektiven auf diese Entfernung ohnehin kein Thema. Mit dem Shift-Objektiv wäre ich auf jeden Fall in der Schärfentiefe, solange der Sensor parallel zur Fassade bleibt.

Der Computer kann zwar einiges, aber bei nach oben geschwenkter Kamera vor dem Portal von Notre Dame muss er das Foto entzerren und das wiederum verlangt einiges an „Fleisch“ und kostet bei hohen Motiven gehörig an Auflösung. Abgesehen von den annähernd nicht korrigierbaren perspektivischen Auswirkungen.

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vor 21 Minuten schrieb flyingrooster:

Der Computer kann zwar einiges, aber bei nach oben geschwenkter Kamera vor dem Portal von Notre Dame muss er das Foto entzerren und das wiederum verlangt einiges an „Fleisch“ und kostet bei hohen Motiven gehörig an Auflösung. Abgesehen von den annähernd nicht korrigierbaren perspektivischen Auswirkungen.

Wenn du vor dem Gebäude stehst, gibt es bei einer perfekten Entzerrung keine perspektivischen Unterschiede. Wenn du von jedem Objektpunkt zum Objektiv eine gedachte Linie ziehst, ändert sich diese nicht mit der Neigung der Kamera. Das wäre der Fall, wenn die Entfernung oder die Aufnahmehöhe verändert werden.

Beim Schärfeverlust am entzerrten Bildrand ist es ein Balancespiel. Die Entzerrung kostet Auflösung. Die moderne Digitalkamera hat genug davon. Das war zu Zeiten der 12 Megapixelsensoren noch nicht der Fall. Aber auch die Konstruktion eines Superweitwinkelobjektives mit sagen wir mal einem Bildwinkel von 100°+ ist sehr anspruchsvoll. So ein Objektiv wird in den Ecken nicht die gleiche Auflösung liefern wie in der Bildmitte. Und einige Hersteller scheren sich bei ihren Superweitwinkeln nicht viel um "Zero Distortion" und machen jedes Rechteck zum Fässchen. Das bedeutet in der Praxis, dass man vor der Entzerrung erst einmal die Objektivfehler korrigieren muss. Das muss man aber unter Umständen auch beim Shift. Hasselblad verweist bei seinem Shiftadapter ausdrücklich darauf, dass Phocus die erforderlichen Korrekturen beherrscht. Für einen exakten Vergleich müsste man einige häufig genutzte Kombinationen unter variierenden Bedingungen gegeneinander antreten lassen.

Und bei Daddys neuem Weitwinkelzoom aus der Black Friday Schwemme wird zu hinterfragen sein, wie sehr sich die Abstriche bei 1000 Pixeln Bildbreite im Forum noch auswirken.

Aber ja, es ist korrekt, Man muss es im Hinterkopf haben und in seine Abwägungen einbeziehen.

Edited by tengris
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Hallo zusammen,

das Foto hier

 

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habe ich im Forum schon einmal gezeigt - unter "Camera porn".

Es ist genau genommen alles andere als Porno. Die Anschaffungskosten halten sich in Grenzen, lohnen sich aber natürlich nur dann, wenn man dazu Lust hat, sich auf eine nicht so komfortable (keine Programmautomatik, kein AF, keine Aufzeichnung der Objektivdaten) Art der Fotografie einzulassen, die einem aber sehr viele Freiheiten bei der Bildgestaltung ermöglicht und bei der man sich ggf. sehr viel Zeit am Rechner sparen kann.

Gruß von

Axel

 

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vor 20 Stunden schrieb tengris:

Wenn du vor dem Gebäude stehst, gibt es bei einer perfekten Entzerrung keine perspektivischen Unterschiede. Wenn du von jedem Objektpunkt zum Objektiv eine gedachte Linie ziehst, ändert sich diese nicht mit der Neigung der Kamera. Das wäre der Fall, wenn die Entfernung oder die Aufnahmehöhe verändert werden.

Das stimmt natürlich. Ich wollte mit entsprechender Berücksichtigung der davor erwähnten Entzerrung auf Positions- und daher Perspektivenwechsel anspielen. Zudem tendiert man bei geneigter Kamera häufig näher am Objekt zu stehen als in diesem Kontext zuträglich wäre. Mit einem Shift-Objektiv widmet man sich dagegen üblicherweise mit erheblich gesteigerterer Aufmerksamkeit dem Thema optimierter Abbildung und Aufnahmeposition, da es ansonsten seinen eigentlichen Einsatzzweck verliert.

vor 21 Stunden schrieb tengris:

Beim Schärfeverlust am entzerrten Bildrand ist es ein Balancespiel. Die Entzerrung kostet Auflösung. Die moderne Digitalkamera hat genug davon.

Kommt halt immer auf den jeweiligen Fall an. Bei erwähntem Portal von Notre Dame wird man mit digitaler Entzerrung wohl ziemlich gut fahren. Bei hohen Gebäuden enden auch die Reserven hochauflösender Kameras rasch. Und vieles wird irgendwo dazwischen liegen.

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Am 10.12.2024 um 20:16 schrieb benmao:

Hallo,

da es inzwischen einige günstige Tilt-Objektive gibt, überlege ich mir, mal eines anzuschaffen.

Benützt jemand ein Tiltobjektiv? Welche Motive und welche Brennweite?

Hallo benmao, nach dem was Du hier so schreibst kommt mir der Gedanke, dass Du überlegst Dir ein Tilt Objektiv zu kaufen "weil sie nun halt einmal da sind". Offensichtlich wird daraus der Impuls zu einem Kauf gespeist. Aber welche Motive Du damit fotografieren willst und welche Brennweite Du für die Motive brauchst weißt Du noch nicht? Sende Dir trotzdem den Link für einen Shop zu bei dem Du Adapter für manuelle Objektive kaufen kannst. Wenn Du die Informationen hier gelesen hast wirst Du wissen, das man für Dein Vorhaben keine Objektive mit einer elektromechanischen Blende verwenden kann.

https://lumiere-shop.de/produkt/tilt-shift-adapter-canon-fd-linse-an-sony-e/?gad_source=5&gclid=EAIaIQobChMInsiGsuifigMVtbGDBx0HVSVKEAQYASABEgI73_D_BwE

Das ist hier nur ein Beispiel für Canon FD KB-Objektive. Besser wären Mittelformatobjektive mit sehr kurzer Brennweite geeignet.

Habe selbst einen Adapter von Fotodiox für andere Zwecke und die Qualität würde ich mit 2,4 benoten.

Gruß Joachim

Edited by Formula
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@Formula: Ja Du hast recht. Ich finde es interessant und möchte mal damit rumspielen.

Dass es Adapter für manuelle Objektive gibt, habe ich gar nicht gewusst. Danke für den Link. Bei Sonyalphablog sind ein paar Objektive für Sony-E getestet worden, deshalb habe ich immer wieder mal überlegt, sowas auszuprobieren.

 

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Am 10.12.2024 um 20:16 schrieb benmao:

da es inzwischen einige günstige Tilt-Objektive gibt, ...

Auch im mittelpreisigen Bereich ist das Angebot im Steigen. Laowa hatte schon (noch für DSLRs gerechnete) T/S-Objektive mit 15mm und 20mm im Rennen. Jetzt wurden noch Varianten mit 50mm und 100mm für Spiegellose angekündigt. Fehlt dann noch ein 24 oder 28mm und ein 35mm und der grenzenlosen shifterei und Tilterei steht nichts mehr im Wege.

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