Tiefenschärfe bei variabler Brennweite und fester Bildgröße

[Nabla]

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Hallo zusammen! Ich überlege, für meine Sony Alpha 6000 zusätzlich zu meinem SEL-35F18 das SEL-85F18 zu kaufen. Für Porträts wäre für mich ein Vergleich der Tiefenschärfe bei fester Bildgröße interessant. Wenn ich eine Person von Bauch bis Scheitel in beiden Objektiven (gleiche Blende) habe, bin ich mit dem 85 mm natürlich weiter weg. Ist die Tiefenschärfe dann größer oder kleiner als mit dem 35 mm (und näher dran an der Person)?

Die Frage ist recht schwierig zu googeln, da man nur Erklärungen findet, was Tiefenschärfe bedeutet... Das nächste, was ich gefunden habe, ist Der Einfluss der Brennweite auf die Schärfentiefe, allerdings ist die Bildgröße bei gleichem Abstand ja unterschiedlich.

Ich hoffe mir kann jemand helfen Danke vorab!

bearbeitet 23. März 2022 von Nabla

[Lichtmann]

Die Schärfentiefe hängt in deinem Fall von drei Faktoren ab (ich lasse mal das Sensor Format als vierten Faktor bei Seite): Brennweite, Blende und Aufnahmeabstand. Je kürzer die Brennweite desto größer die Schärfentiefe (im Verhältnis immer die gleiche Blende z.B. f/4). Je kleiner die Blende, desto größer die Schärfentiefe, und je näher am Motiv, desto geringer ist die Schärfentiefe. Mit diesen drei Faktoren kann man spielen.

In deinem Fall hätte das 85er eine bessere Bildwirkung, Schärfentiefe müsste geringer sein… glaube ich zumindest

Vielleicht hilft dir der Schärfentiefenrechner weiter.

https://www.fotolehrgang.de/anmerk/ts_kb.htm

[flyingrooster]

vor 20 Minuten schrieb Nabla:

Ist die Tiefenschärfe dann größer oder kleiner als mit dem 35 mm (und näher dran an der Person)?

Die Tiefenschärfe/Schärfentiefe ist in deinem Beispiel gleich groß, da sich in diesem Fall durch die Wahl desselben Abbildungsmaßstabs Unterschiede bei der Brennweite und beim Abstand gegenseitig aufheben.

Der Hintergrund wird bei der Aufnahme mit dem 85er durch dessen engeren Bildwinkel aber dennoch unkenntlicher ausfallen.

Grundsätzlich sollte man die Schärfentiefe am Motiv immer getrennt von der Wirkung des Hintergrundes betrachten, da sie sehr unterschiedlich ausfallen können.

Es gibt übrigens einen ganz guten Simulator für die Wirkung des Hintergrundes bei verschiedenen Parametern: https://dofsimulator.net/en/

Einfach die gewünschten Einstellungen tätigen, bei „Medium shot“ bekommst du den gesuchten Bildausschnitt von Bauch bis Scheitel und mit „Lock field of view“ wird dieser Ausschnitt auch bei anderen Brennweiten beibehalten (also der Aufnahmeabstand entsprechend verändert). Unten auf „+ Add“ und dann kannst du die Bilder der verschieden angelegten Setups vergleichen.

[Nabla]

Danke! Sowohl der Rechner als auch der DOF Simulator sind wirklich hilfreich!

Die Information, dass die Schärfentiefe gleich bleibt ist wirklich interessant! Die klassischen Parameter (Brennweite, Blende, Abstand) waren mir klar, aber dass sich die Effekte von Brennweite und Abstand exakt gegeneinander aufheben, wenn man die Bildgröße beibehält, ist finde ich doch eine einfache aber wertvolle Schlussfolgerung? Klar, der Ausschnitt und die Wirkung ändern sich, man muss aber offensichtlich bei größeren Brennweiten und gleicher Blende weder Sorge davor haben, dass Nasenspitze und Ohren unscharf werden, noch dass der Hintergrund stärker hervortritt.

Mein Hintergrund: Für ein Porträt mit dem 35 mm muss ich auf gut 1m an die Person heran, da kann man fast keine spontanen, sondern nurnoch gestellte Bilder machen (die allerdings wirklich gut werden, ich bereue den Kauf keineswegs!). Mit 85 mm bin ich 2,5m entfernt und bekomme offensichtlich eine ähnliche Wirkung, ohne wie ein Paparazzi 1m vor meinen Freunden zu stehen. Macht das Sinn, hat mit dem Problem jemand Erfahrung?

[flyingrooster]

vor 5 Minuten schrieb Nabla:

[…] aber dass sich die Effekte von Brennweite und Abstand exakt gegeneinander aufheben, wenn man die Bildgröße beibehält, ist finde ich doch eine einfache aber wertvolle Schlussfolgerung?

Ja, durchaus.    Bei sehr großen Abbildungsmaßstäben, bspw. im Makrobereich, wird die Sache wiederum komplexer, aber für „normale Aufnahmen“ trifft diese Daumenregel ziemlich exakt zu.

vor 11 Minuten schrieb Nabla:

Mit 85 mm bin ich 2,5m entfernt und bekomme offensichtlich eine ähnliche Wirkung […]

Seitens der Schärfentiefe bekommst du eine vergleichbare Wirkung. Die Perspektive (vom Abstand abhängig) ist jedoch anders und die Wirkung des Hintergrundes (hier nur vom Bildwinkel abhängig) ebenfalls. Letztere beide hielte ich für die meist deutlicher sichtbaren Unterschiede.

Im Allgemeinen würde ich sagen, dass weitwinkeligere, lichtstarke Objektive besser dafür geeignet sind Motive plastisch wirkend inmitten ihrer Umgebung abzubilden und lichtstarke Teleobjektive besser dafür geeignet sind Motive von ihrer Umgebung (inkl. Hintergrund) zu trennen. Hat beides seinen jeweils ganz eigenen Reiz.

[grillec]

vor 12 Stunden schrieb Nabla:

Macht das Sinn, hat mit dem Problem jemand Erfahrung?

Je nach Person kann eine gewisse Entfernung beim Fotografieren schon dazu führen, dass die Person sich wohler fühlt. Jeder Mensch hat eine Distanzzone, bei der er sich wohl fühlt und eine natürliche Wahrnehmung der Person gegenüber empfindet. Unterschreitet man diese und die andere Person ist einem fremd, können unbewusste Abwehrreaktionen auftreten (Arme vor dem Körper verschränken, etwas zurück weichen, etc).
Die von @flyingrooster angesprochene Perspektivänderung bei unterschiedlichen Abständen führt auch dazu, dass sich die Perspektive des Motivs ändern.
Für einen natürlichen Eindruck einer fremden Person gegenüber sorgt in der Regel ein Abstand von ca 1,5m - 3,5m