Ernste Portraits bei Reportagen

[Centauri]

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Ich schaue mir ab und an Fotobücher oder Wettbewerbe an und genieße die oftmals großartigen Bilder. Dabei fällt mir ein Stilmittel bei Portraitfotografen/Reportagen immer wieder auf: Der ernste oder "nicht-lachende" Blick.

Hier zum Beispiel aus den Sony World Photography:

https://www.thetimes.co.uk/article/spellbinding-images-from-the-2020-sony-world-photography-awards-qzp5633sp

Daraus beispielsweise das Bild (zweites von oben im Artikel) von Alexey Vasilyev mit den Zwillingsbrüdern. 

Eigentlich findet man diese Art Portraits immer wieder in Bildbänden. Warum wird das so gerne gemacht? Sind lächelnde Personen irgendwie schnappschussartig oder wie man es halt erwarten würde? "Stellt euch mal hin und lächelt in die Kamera" kommt wahrscheinlich irgendwie zu banal oder  

Wobei man wahrscheinlich auch den Kontext sehen muss. Dieses Bild wirkt aufgrund der "Monster" Verkleidung eben besser im düstereren "Outfit" als wenn gelächelt wird. Die beiden Jungs bei einer anderen Tätigkeit würde der Fotograf wahrscheinlich anders ablichten. 

Habe auch gerade durch google ein Geschichtsforum gefunden, wo über die "Anfänge des Lächelns" in der Fotografie geschrieben wird

https://www.geschichtsforum.de/thema/fotografie-als-man-zu-laecheln-begann.43223/

 

Fand ich auch ganz interessant. 

Wahrscheinlich ist es ja auch ganz simpel: Man kann ja nicht immer alle nur mit lächeln fotografieren, von daher müssen ja zwingend auch andere Mimiken dabei sein. Je nach Situation. 

 

[Gast]

Und warum fotografieren so viele eher grinsende Honigkuchenpferd Gesichter? Finde ich ganz schön traurig, wo die menschliche Mimik doch so vielfältig sein kann.

[Centauri]

Ja klar, mein Beitrag soll ja nur ein wenig mal Gedanken zur Fotografie anstatt zur Technik bewirken. Ich kritisiere ja nicht den Blick an sich, ich mag das Bild ja!

Ich glaube viele Knipser (wie ich früher auch mal einer war) sehen halt solche ernsten Bilder beim ersten Mal und denken sich: Was soll das, soll das Kunst sein, nur weil sie ernst da stehen und aus der Wäsche schauen? 
Erst mit der Zeit lernt man irgendwie diese fotografischen Nuancen besser kennen und lieben und kommt weg vom grinsenden Pferd, das man irgendwie von den typischen Eltern Urlaubsknipsbildern kennt.  Aber wenn man nichts anderes kennt, dann wirken diese Bilder einfach erst mal...anders.

 

[CalamityJane]

Mir ist das zum ersten Mal bei hochwertigeren Mode- oder Beautyaufnahmen aufgefallen und dann auch bei Fashion-Shows: Lächeln ist mehr und mehr out. Auf dem Catwalk darf heute allenfalls noch bei Wäsche und Bademoden gelächelt werden, auf gar keinen Fall bei Haute Couture. Lächeln hat da so was "Niedliches", wer lächelt, wird im wahrsten Sinne weniger "ernstgenommen".  Und bei Porträtaufnahmen und Reportagen ist das wohl noch mehr ein Trend. Ich vermute, es liegt daran, dass wir lächelnde Gesichter unbewusst entweder mit privaten (Urlaubs)schnappschüssen verbinden - oder mit Werbung, Zahnpastalächeln usw. Davon will man sich wohl abheben, je höher der Anspruch an das Bild und die dahinterstehende Idee (oder an das Produkt) ist.

Eine andere These, die ich habe, wäre, dass Menschen im Wesentlichen "für andere" lächeln. Die meisten Menschen, die alleine/unbeobachtet sind, lächeln nicht vor sich hin, sondern haben einen eher neutralen bis ernsten Gesichtsausdruck. Reportagen sollen ja im Grunde den Menschen nicht als besonders "werbewirksam" oder angenehm für den Zuschauer darstellen.

[wasabi65]

Kunst ist ernst.

Deswegen haben es weniger ernste Kunstformen sehr schwer ernst genommen zu werden. Selbst wenn sie aus der Unersthaftigkeit eine ernste Kunst machen - wie Dadaismus.

[Gast]

Bei Fotos für Erwachsene wird auch nicht mehr gelacht.

[Centauri]

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vor 18 Stunden schrieb CalamityJane:

 

Eine andere These, die ich habe, wäre, dass Menschen im Wesentlichen "für andere" lächeln. Die meisten Menschen, die alleine/unbeobachtet sind, lächeln nicht vor sich hin, sondern haben einen eher neutralen bis ernsten Gesichtsausdruck. Reportagen sollen ja im Grunde den Menschen nicht als besonders "werbewirksam" oder angenehm für den Zuschauer darstellen.

Das stimmt, aber dadurch, dass sie ja gestellt da stehen und in die Kamera schauen, wirkt es eben nicht wie eine unbeobachtete Reportage (was es ja dann auch nicht mehr ist)! Das macht das Bild dann vielleicht im ersten Moment so...anders.  

Ansonsten Zustimmung zu deinem Post