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Aserbaidschan - das Land des Feuers


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Liebe Fotofreunde, nachdem ich bereits einige Bilder von meiner Aserbaidschanreise in den unterschiedlichsten Themen platziert hatte, kam der Vorschlag auf, dazu einen kleinen Reisebericht zu schreiben (danke an Beowulf). Ich möchte hier also nach und nach ein paar Fotos einbinden und von der Reise berichten. Fotokritik ist dabei auch gern gesehen und Fragen beantworte ich natürlich ebenfalls gern.

 

Meine Frau und ich reisen mit großer Leidenschaft, obgleich wir beruflich beide in Vollzeit eingespannt sind. Mindestens einmal im Jahr findet sich dennoch die Zeit für eine (Fern)Reise. Wir entdecken gerne Unbekanntes und schätzen die Gastfreundlichkeit der Menschen, insbesondere in touristisch weniger erschlossenen Gegenden. Nachdem wir Kasachstan 2015 und den Iran in 2017 (leider nur kurz) bereist hatten, ging es dieses Jahr weiter im Uhrzeigersinn entlang des Kaspischen Meeres. Schließlich waren die selbstgemachten Vorgaben:

 

a ) nicht zu weit, da nur zwei Wochen Zeit zum Reisen verfügbar waren

b ) kein zu großes Land, ebenfalls aus Zeitgründen

c ) nicht zu kalt/verregnet um diese Jahreszeit

d ) möglichst wenig erschlossen

e ) eher ein Bonus und kein Soll-Kriterium: ein ehemaliges Sowjetland, da meine Frau gebürtig aus Kasachstan stammt und damit russisch spricht (meine Kenntnisse sind eher begrenzt)

 

Da es ein Foto-Forum ist, komme ich gleich mal zum mitgeschleppten Werkzeug:

 

Foto-Ausrüstung:

-Sony A7ii inklusive 3 Akkus (ein originaler und zwei billige incl. Aufladestation, ich konnte bislang keinen Unterschied feststellen) - immer dabei

-Sony 35mm 1.4 - immer dabei und auch fast immer montiert - oh wie ich diese Linse liebe

-Sony 85mm 1.8 - sehr selten genutzt, dennoch waren einige Fotos nur damit möglich

-Rollei Compact Traveller 10 Stativ - nur an zwei Abenden dabei, soweit ich mich recht entsinne

-variabler ND-Filter - nicht einmal benutzt, da wir nahezu nie am Meer waren und ich irgendwie doch nicht gefilmt habe

-14-Zoll-Notebook zur Entwicklung der RAW-Dateien und zur zusätzlichen Datensicherung (neben der SD-Karte)

 

Ich hatte damit (abgesehen von zwei Godox-Blitzen) meine gesamte Fotoausrüstung dabei. Ich besitze ausschließlich diese beiden Linsen und diesen popeligen Laptop (ohne zusätzlichen Monitor) - vielleicht rüste ich in Sachen Computer mal nach... :D

Dies war übrigens meine erste Reise, auf welcher ich ausschließlich Festbrennweiten zur Verfügung hatte .Auf der letzten Reise hatte ich zum 85mm das 16-35mm F4 und das 70-200mm F4 dabei, die für die Anschaffung des 35mm 1.4 gewichen sind. Ich muss sagen, ich habe mich ein wenig herausgefordert gefühlt, ohne aber die anderen Brennweiten vermisst zu haben (okay, in der ein oder anderen Situation hätte etwas mehr Weitwinkel gut getan...). Ich könnte mir sogar vorstellen, ausschließlich mit dem 35mm-Objektiv zu verreisen. 

 

Strom: kein Adapter notwendig

 

Wir konnten vorab nur einen Reiseführer ausfindig machen (Trescher-Verlag), Stand 2016. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass er in einigen Punkten nicht ganz aktuell ist. Für einen groben Überblick, welche Regionen es gibt und welche man besser meiden sollte, hat sich die Anschaffung jedoch gelohnt. Dazu muss ich sagen, dass wir typischerweise nur die ersten paar Übernachtungen vorab planen und der weitere Ablauf sich immer erst vor Ort ergibt.

 

Sim-Karten: Es lohnt sich immer (!), sich eine örtliche Sim-Karte zu besorgen. In vielen Regionen im Land hat man dabei brauchbaren Empfang und Google-Maps erleichtert die Navigation ungemein - nicht zuletzt für Taxifahrer o.Ä. Zu bekommen sind die Karten am leichtesten in der Innenstadt von Baku. Dort erhält man z.B. für 25 EUR eine SIM-Karte incl. 5GB Datenvolumen, Freiminuten, SMS etc. Man muss dazu jedoch seinen Pass im Geschäft vorlegen, da sämtliche Sim-Karten im Land registriert werden.

 

Nach einem Übernachtflug von Düsseldorf über Istanbul nach Baku kommen wir früh morgens am Flughafen in Baku an. Mittels vorher online beantragtem e-Visum können wir problemlos einreisen - das Dokument muss jedoch bei der Einreise in ausgedruckter Form vorgelegt werden (wir sollten es daher schon am Düsseldorfer Flughafen beim Check-In vorzeigen). Vor dem Flughafen tummeln sich Taxifahrer - wir entscheiden uns jedoch für den Bus - ein moderner Reisebus, der unmittelbar vor Terminal 1 halbstündig Richtung Innenstadt abfährt. Dazu kaufen wir gleich am Ausgang eine "Baki-Card" für 2 AZN = 1 EUR: dies ist eine Geldkarte, die man am Automaten aufladen kann. Sie wird zum Bezahlen in den (meisten) öffentlichen Verkehrsmitteln genutzt. Bei mehreren Personen reicht eine einzige Karte, die einfach mehrmals nacheinander genutzt wird.

 

Kosten im Straßenverkehr

"Auberginen-Taxi" - die offiziellen Taxen: Taxameter - 0,70 AZN (=35 Cent) pro Kilometer

Shuttlebus vom/zum Flughafen: 1,30 AZN (75 Cent)

Busse/Bahnen innerhalb Bakus, egal wie weit man fährt: 0,20 AZN (10 Cent)

Liter Benzin/Diesel: über die ganze Reise hinweg stabiler Kurs bei 0,90 AZN/0,60 AZN (45 Cent/30 Cent) 

 

Auberginen-Taxi, Linienbus und Absperrungen der Straße für den bevorstehenden Formel-1 GrandPrix

26365333547_3286c7aaa4_b.jpgDSC04861 by mat we, auf Flickr

 

Um es gleich vorweg zu nehmen: Es gibt auch andere Taxen, bei denen der Preis mehr oder weniger aus der Luft gegriffen ist. Wichtig dabei, vorher eindeutig einen Preis auszumachen - dazu später mehr. Außerdem werden in diesem Land viele Autos plötzlich zu Taxen, wenn man nachfragt  :rolleyes:  ;)

 

Nachdem wir zu Fuß, bepackt mit Rucksäcken, durch die noch menschenleere, erstaunlich saubere Stadt marschieren, um unser Hotel zu suchen, legen wir uns für ein paar Stündchen hin und ziehen am Nachmittag das erste Mal durch die malerische Stadt Baku, welches geprägt ist von einer Symbiose aus prunkvoll altertümlich und gläsernd-modern.

 

Moderne Innenstadt von Baku (außerhalb der historischen Stadtmauern):

40422396804_509e53a821_b.jpgDSC05597 by mat we, auf Flickr

 

Die futuristischen "Flame Towers" ragen, auf einem Hügel oberhalb der Altstadt gelegen, hoch über den Rest der Stadt hinaus

26261912737_efa0d6b0d6_b.jpgDSC05028 by mat we, auf Flickr

 

Vom Dach des Qiz Qalasi Turmes (UNESCO Weltkulturerbe seit 2000) aus hat man einen guten Blick über die historische Altstadt hinweg. Bis heute ist unklar, welchen Zweck der Turm erfüllte. Die Geister spalten sich zwischen "Verteidigung" und "Religion (Zoroastrismus)". Zur Linken (nicht sichtbar) ist das kaspische Meer und eine sehr großzügige, weitläufige Promenade incl. Parkanlage, die sich entlang der städtischen Küste erstreckt.

40238292245_36e2c4e53c_b.jpgDSC04898 by mat we, auf Flickr

 

Das Shahidlar-Monument beinhaltet eine dauerhaft brennende Gasflamme. Dahinter verbirt sich zwar eine Gasleitung, jedoch befinden sich an vielen Stellen des Landes brennende, natürliche Gasquellen. Dazu später mehr.

40238290085_6cf90bdd5a_b.jpgDSC05054 by mat we, auf Flickr

 

Es gibt noch jede Menge zu berichten, zumal Baku eigentlich nur als Sprungbrett für den Rest des Landes diente. Weitere Infos zu Baku, dem Hinterland mit Seen und Bergen und insbesondere zu den Menschen folgen in späteren Posts, da ich nun schon eine ganze Weile vor meinem Laptop sitze  :D

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Hallo hanselord

 

Ich war im September 2006 geschäftlich zwei Wochen in Baku.

Habe auch sehr gute Erinnerungen an die Gastfreundschaft der Leute.

 

Jedoch hat sich Baku sehr verändert, wie ich das auf deinen Fotos erkenne.

Damals war es noch recht arm und schmutzig. Das Meer war eine einzige Öl-Pfütze.

Die lange Promenade gab es auch schon. Die war sehr russisch geprägt.

 

Freue mich nun auf weitere Bilder...

(Finde das 35mm auch unglaublich gut, jedoch ist es mir für gewisse Einsätze ein wenig zu gross und schwer)

 

Gruss Ivo

 

 

 

 

 

 

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Hallo hanselord

 

Ich war im September 2006 geschäftlich zwei Wochen in Baku.

Habe auch sehr gute Erinnerungen an die Gastfreundschaft der Leute.

 

Jedoch hat sich Baku sehr verändert, wie ich das auf deinen Fotos erkenne.

Damals war es noch recht arm und schmutzig. Das Meer war eine einzige Öl-Pfütze.

Die lange Promenade gab es auch schon. Die war sehr russisch geprägt.

 

Freue mich nun auf weitere Bilder...

(Finde das 35mm auch unglaublich gut, jedoch ist es mir für gewisse Einsätze ein wenig zu gross und schwer)

 

Gruss Ivo

 

Hallo Ivo, das kann ich mir gut vorstellen! Die Stadt hat insbesondere im Zuge des ESC 2012 und zuletzt durch die Austragung der Islamic Games 2017 einen starken Wandel durchgemacht. Es gibt in der Innenstadt beispielsweise zahlreiche Cafes, die offensichtlich starkem europäischen/amerikanischem Einfluss unterliegen. Es werden regelmäßig neue "Glastürme" errichtet, die jedoch teilweise komplett (!) leer stehen, wie uns viele Einheimische berichten. Es wird anscheinend sehr viel Wert darauf gelegt, dass das Gesamtbild der Stadt hochmodern und pompös wirkt - ein wenig fragwürdig.

 

Eine Einkaufsstraße im Stadtkern.

40238287605_6be8b4695b_b.jpgDSC05188 by mat we, auf Flickr

 

Eine Gasse im historischen Stadtkern der Stadt. Hier gibt es neben vielen Restaurants außerdem die typischen Souvenir-Shops: Fellmützen mit Sichel und Hammer, Schmuck und natürlich Teppiche.

40238292445_53a6557539_b.jpgDSC04869 by mat we, auf Flickr

 

Da das traditionelle Neujahrsfest Nouruz (hauptsächlich im Iran, aber eben auch in Aserbaidschan gefeiert) , welches mit dem Frühlingsanfang zusammenfällt, ist eines der größten Feste des Landes. Wie es der Zufall will, sind wir genau zu dieser Zeit dort. Der Präsident wird erwartet, so proben die Musikanten und Tänzer bereits einige Tage zuvor für den großen Auftritt.

40238293315_b18367a0ed_b.jpgDSC04803 by mat we, auf Flickr

 

Am eigentlichen Festtag gibt es einige Bühnen und vor allen Dingen viele kleine Essensstände. Das traditionelle Fladenbrot wird in einem Tandir gebacken. Diese Art der Brotzubereitung ist im gesamten Land verbreitet.

26261910407_b9b166aaf6_b.jpgDSC05203 by mat we, auf Flickr

 

40238286905_8687ff827b_b.jpgDSC05205 by mat we, auf Flickr

 

Ohnehin sollte ich ein paar Worte zum Essensangebot verlieren:

 

Gegessen wird vor allen Dingen Brot, zu jeder Mahlzeit! Dazu gibt es morgens klassischerweise Honig und einen krümeligen Frischkäse, manchmal aber auch ein Tomatenomlett. Abends gibt es dann hauptsächlich Fleisch, teilweise ebenfalls im Tandir oder aber klassisch über Holzkohle gegrillt. Hähnchen und Lamm sind die am weitesten verbreiteten Fleischsorten, meist in Form von Grillspießen serviert. Ein weit verbreitetes Getränk ist Ayran (wie wahrscheinlich von der örtlichen Dönerbude bereits bekannt), welcher je nach Region sehr unterschiedlich schmecken kann und teilweise mit Kräutern zubereitet wird. Das wichtigste Getränke ist jedoch schwarzer Tee. Man trinkt ihn überall und zu jeder denkbaren Zeit!!!! Oftmals reisen wir mit kleinen Marschrutkas (Minibussen) oder per Mitfahrgelegenheit durchs Land - die Fahrer machen tatsächlich in regelmäßigen Abständen Teepausen. Positiver Nebeneffekt: man kann aufs Klo gehen!

 

Da man meines Wissens nur fünf Bilder pro Post anhängen darf, teile ich die Beiträge zwangsläufig in kleinere Stücke auf :)

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Ganz ganz toll! Danke für die schönen Bilder. 05028: Ich finde schon, dass diese Gebäude in Stadt und Land passen. Das ist moderne islamische Architektur. Bin schon gespannt auf die nächste Bilderserie und deine schönen Kommentare.

 

 

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An unserem ersten Abend kehren wir in einem gemütlichen Restaurant an der historischen Stadtmauer ein. Auf die Frage nach der Herkunft kommt fast immer ein "Ooooooooohhhh schön, wie ist es dort in Deutschland?" - so auch an diesem Abend. Wir sind immer bemüht, ein neutrales Bild zu vermitteln, schließlich gibt es überall auch mal Dinge, die nicht so toll sind. Insbesondere verzichten darauf, die Frage zu bejahen, ob denn nicht alles besser sei bei uns... Nach dem kurzen Einschub, dass meine Frau einen deutschstämmigen Vater und eine ukrainischstämmige Mutter hat, in Kasachstan geboren ist und erst im Schulalter nach Deutschland kam und deshalb russisch kann, gehen die ersten Gespräche über die alten Zeiten in der Sowjetunion los und wie schlecht es doch sei, dass die jungen Menschen heutzutage kein Russisch mehr lernen wollen.

 

Die Akademikerjugend, wie auch die Kellner (gilt nur für Baku!!!), interessieren sich eher für Englisch. Überhaupt erzählen gerade die älteren wehmütig von damals und wünschen sich teilweise die Sowjetunion zurück, in der "jeder Arbeit hatte". Die jüngere Generation hält davon nicht viel, viele träumen jedoch davon, das Land zu verlassen. Die Traumziele sind UK, USA und Deutschland. Kritik am Präsidenten verüben auch nur die Alten, die jungen Leute haben zu viel Angst vor Überwachung und Spionage. Dass die Meinungsfreiheit in Aserbaidschan "ein wenig eingeschränkt" ist, lasse ich einmal unkommentiert stehen. Ein Jurist, Ende 20, der an der Staatsuniversität studierte und nun im Staatsdienste für 5 Jahre verpflichtet ist, äußert sich auf einer Autofahrt sehr positiv über die Regierung des Landes (er spricht Englisch). Trotzdem ist auch sein großer Traum, nach Ablauf dieser Frist auszuwandern. Mag ja bloß ein Zufall sein...

 

Aber zurück zum Restaurant. Wir planen, innerhalb der nächsten Tage einen Ausflug in den Qobustan-Nationalpark zu machen. Der Kellner im Restaurant ist sofort bemüht, uns an einen Bekannten zu vermitteln. Wir tauschen Nummern aus und am nächsten Morgen erhalten wir bereits eine Rückmeldung. Seitdem stehen wir die gesamte Reise über in ständigem Kontakt zu dem Kellner, der sogar heute noch schreibt, obwohl er weiß, dass wir gar nicht mehr im Lande sind (Whatsapp läuft auf meine deutsche Handynummer, daher kann er sich auch jetzt noch melden).

 

Einschub Touristen: Es gibt viele Angebote für Tagesausflüge ähnlicher Art - dann jedoch zu sehr überzogenen Preisen oder aber in Reisegruppen. Das Land wird hauptsächlich von Russen und Iranern bereist, es kommen aber auch nach und nach vermehr arabische Touristen - die jedoch anscheinend nicht so gern gesehen werden (wir treffen niemanden, der sich positiv über die arabischen Gäste äußert). Obwohl es sich um ein islamisches Land handelt, haben viele Einwohner Vorurteile gegenüber Verschleierung. Außerdem findet man erstaunlich wenige Moscheen. Westliche Touristen sehen wir nur sehr vereinzelt in Baku, im Rest des Landes sind wir dem Anschein nach die einzigen (sicher gibt es welche, aber wir sind ihnen nie über den Weg gelaufen mit Ausnahme von drei Spaniern).

 

Wir fahren also mit unserem Fahrer Wawshan diverse Ziele ab und zahlen ihm letztlich 130 AZN (65 EUR) dafür. Eine Menge Geld, aber wir finden den Preis absolut fair angesichts des Services, den wir bekommen. Abgesehen davon, dass er unser Fahrer ist, erzählt er sehr viele Geschichten. Wir legen an diesem Tag über 200 km durch teilweise unwegsames Gelände zurück. Die Hauptstraßen und "Autobahnen" sind jedoch gut ausgebaut. 

 

Der Qobustan Nationalpark liegt etwa 70 km südlich von Baku und besteht im Wesentlichen aus einer Erhöhung mit zahlreichen größeren Felsen und ist bekannt für seine bis zu 20.000 Jahre alten Felszeichnungen.

27382947928_cd7c7a821a_b.jpgDSC05080 by mat we, auf Flickr

 

Wir wollen noch tiefer ins Landesinnere vordringen, schließlich gibt es hier die für meinen Geschmack sehr exotischen Schlammvulkane zu sehen. Unser Fahrer 

weiß jedoch: mit seinem Auto ist die Weiterfahrt nicht möglich. Kurzerhand organisiert er einen weiteren Fahrer, der uns alle drei zusammen schließlich über die holprigen Schlammwege bis zu den kleinen Vulkanen bringt. Das ausströmende Gas aus dem matschigen Untergrund sorgt dafür, dass die Erde blubbert. Über viele Jahre Hinweg sind so einige Meter hohe, skulpturenhaft ausgehärtete Schlammberge entstanden, in deren Mitte sich ein mit Flüssigkeit gefüllter Krater befindet, der in regelmäßigen Abständen Schlamm ausspuckt (Aufpassen, das kann ins Auge gehen!).

 

Am Plateau bei den Schlammvulkanen: Wawshan (Hintergrund) mit unserem neuen Fahrer und seinem Lada, der gefühlt jede Steigung dieser Welt bezwingen kann.

40422407264_672fde688c_b.jpgDSC05161 by mat we, auf Flickr

 

Blubberndes Schlammloch

40238289135_7291550268_b.jpgDSC05098 by mat we, auf Flickr

 

Schlammvulkane und frisch ausgespuckter Matsch

40238288885_ccb29a2311_b.jpgDSC05148 by mat we, auf Flickr

 

getrockneter Untergrund

40238288575_776979e5fc_b.jpgDSC05158 by mat we, auf Flickr

 

Später fahren wir noch einige Orte nördlich von Baku an, dazu in meinem nächsten Post.

 

  

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Kommen wir nun endlich dazu, woher der Titel "Land des Feuers" rührt. Wie wahrscheinlich bekannt, ist Aserbaidschan reich an Öl. Aber auch Unmengen an Gas schlummern unter der tektonischen Oberfläche - der Grund für die Schlammvulkane aus dem vorherigen Post. Viel interessanter sind jedoch die seit etlichen Jahren brennenden, natürlichen Gasfeuer. Das "Yanar Dag" ist eines der bakanntesten "ewigen Feuer" um Baku, es ist nicht bekannt, wie lange es schon brennt. Letztlich handelt es sich um entzündete Gase, die aus Felsspalten herausströmen. Diese Gasfeuer bestechen nicht durch Ihre größe, jedoch durch Ihre Eigenheit. Außerdem finden sich solche Stellen mehrfach im Land, teilweise sogar in luftiger Höhe weit oberhalb von 3000 m.ü.n.

 

Yanar Dag

40238287955_f8d12bda54_b.jpgDSC05180 by mat we, auf Flickr

 

Um die nächsten Städte zu erreichen, gibt es ein "einfaches" Rezept: Man begibt sich zum Busbahnhof ca. 6km nördlich der Innenstadt von Baku und nimmt für geringes Geld einen Überlandbus. Der Bahnhof ist groß und unübersichtlich. In der Mitte fahren zahlreiche große Reisebusse ab, die theoretisch einem striktem Zeitplan folgen, praktisch jedoch häufig verspätet eintreffen oder gar ausfallen. Tickets kann man im Voraus nur aus Baku buchen, Rückfahrten hingegen nicht. Wir haben Pech: aufgrund des Neujahrsfestes fahren ungewöhnlich viele Leute: Die offiziellen Busse sind ohnehin überbucht. Es gibt jedoch zusätzlich Kleinbusse (Marschrutkas), die kommen, wann sie eben kommen, und fahren, sobald sie voll sind. Wir warten zwar mit am längsten, das zählt jedoch nicht: viele Leute steigen vor uns ein, der Bus ist voll und fährt ab. Nach drei Stunden Wartezeit kommt letztlich die zweite Marschrutka an, wir haben mittlerweile einen "guten Draht" zum Vermittler und bekommen Sitzplätze: 7 AZN (3,50 EUR) pro Person für 300 km Fahrt - diesen Preis zahlen auch die Einheimischen. Ein Reisebus würde 4 AZN (2 EUR) kosten. Wir sind froh, einen Platz bekommen zu haben. Meine Frau schäft, wie meist, sofort ein :D. Bei der ersten der obligatorischen Teepause ergreift der junge Sitznachbar plötzlich die Initiative: er spricht Englisch!! Er interessiert sich sehr für Europa, träumt von einer Zukunft in UK. Ein junger Student, der es nicht wagt, ein schlechtes Wort über die hiesige Regierung zu verlieren. Er scheint leicht paranoid bzgl. möglicher Überwachung durch den Staat... Wie so viele spricht er von unserer "tollen" Kanzlerin, die "alles im  Griff hat". Letztlich sorgt er sogar dafür, dass wir in unserem Zielort Sheki kein Taxi nehmen, sondern stattdessen mit einem Bus zu unserer Unterkunft fahren, einem Zimmer in einem Privathaus, welches wir vorab per Internet organisiert hatten. Er zahlt sogar unsere Bustickets und besteht darauf, dass wir die Kosten nicht erstatten. Außerdem bringt er uns persönlich bis zu Haustür und fragt dazu einige Einheimische nach dem Weg: mal wieder ein typisches Zeichen der bedingungslosen Gastfreundschaft in diesem Land: "Ihr seid hier zu Gast, dann sorge ich dafür, dass es euch gut geht. Ich  kümmere mich schon drum". Wir tauschen Nummern. Im Gegenzug laden wir zwei Tage später zum Abendessen ein. 

In Sheki gibt es neben ein paar Palästen und netter Natur wenig zu sehen, bis auf die Karawanserei, eine Übernachtungsstätte für Karawanen der historischen Seidenstraße.

 

Karawanserei in Sheki

40390257855_d88fdde1cc_b.jpgDSC05238 by mat we, auf Flickr

 

Die langen Korridore der Karawanserei

27414239088_c0aa92ee04_b.jpgDSC05243 by mat we, auf Flickr

 

Wir marschieren durchs Dorf und sorgen für Aufsehen: ein offensichtlich nicht einheimischer Tourist (einige Einheimische verbringen hier ihren Urlaub) mit einer blonden Frau, das kommt selten vor... 

 

Etwa 8 km nördlich der Stadt, in den Bergen des Kaukasus, nahe der Grenze zur islamischen autonomen Region Dagestan in Russland (die Region gilt als überaus gefährlich aufgrund von fundamentalistischer Auslegung des Islams) befindet sich das kleine Dorf Kis (Kish), ein Relikt des alten Albania (nicht zu verwechseln mit Albanien!!!), ein Königreich der frühen Nachchristenzeit. Albania widersetzte sich über Jahrhunderte hinweg der Ausbreitung des persischen Reiches. Zunächst geprägt vom Zoroastrismus (Feueranbeter), verbreitete sich zunehmend das Christentum in der Region, sodass eine alte Kirche entstand.

 

Albanianische Kirche in Kis

40422404014_71754b32d2_b.jpgDSC05311 by mat we, auf Flickr

 

Verzierungen/Statuen auf dem Gelände der historischen Kirche

40422404304_c89a8b6999_b.jpgDSC05303 by mat we, auf Flickr

bearbeitet von hansenlord
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Unser Transportmittel nach Wahl ist das private Auto - wer kann spricht einfach Menschen an, die ein Auto besitzen. So auch meine Frau. Der Fahrer erzählt (wie so viele) lange von den Sowjetzeiten, zu denen es "allen besser ging" und "jeder Arbeit" hatte. Heute gibt es in dieser Region kaum Arbeit, er freut sich riesig über unseren großzügigen Fahrpreis und das zusätzliche Trinkgeld, welches wir ihm zustecken

 

Trinkgeld: an sich ist es unüblich, in Aserbaidschan Trinkgeld zu zahlen. In einigen "höherpreisigen" Restaurants wird eine "Servicegebühr" automatisch erhoben und ist Bestandteil der Rechnung. Wir geben trotzdem meist die für uns selbstverständlichen 10-15 % - die Leute freuen sich entsprechend! Da ich das Gespräch als äußerst interessant empfand, obwohl ich nur wenig verstand und meine Frau ständig übersetzen musste, hatte ich den Fahrer um ein paar Fotos gebeten. Er fühlte sich sehr geehrt und war gerne bereit, Modell zu stehen:

 

"Taxi"fahrer in Kis mit seinem grünen Schatz

40422404594_9d3a0421b8_b.jpgDSC05296 by mat we, auf Flickr

 

Kinder im Dorf Kis

26261908467_7c05197596_b.jpgDSC05313 by mat we, auf Flickr

 

Die kleinen Marschrutkas fahren in Sheki als Linienbusse, dieser hat gerade Pause unterhalb der typischen Wäscheleinen

40422403474_1170453274_b.jpgDSC05327 by mat we, auf Flickr

 

"Straße" im Nebel in Sheki: fernab von Baku sieht das Land ein wenig anders aus...

26261908157_7a39bd48cd_b.jpgDSC05354 by mat we, auf Flickr

 

Wir entscheiden uns, den Weg von Kis nach Sheki zu laufen, es geht bergab bei wundervoller Kulisse entlang der südöstlichen Ausläufer des Kaukasus. Unterwegs sprechen uns Tankwärter, Ziegenhirten, Bauarbeiter und weitere Personen an. Insbesondere am Zaun des Ziegenhirten verbringen wir knapp eine halbe Stunde - er möchte mir unbedingt seine Herde zeigen. Er läd zum Tee ein, wir lehnen jedoch ab, da es bereits spät ist, noch einige Kilometer vor uns liegen und die Dunkelheit langsam einbricht.

 

 

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Tolle Geschichten, die Du hier mitteilst. Finde ich sehr informativ und die Fotos passen super zu dem Kontext. Eine Reportage vom Feinsten!!!

 

Gerade das Leben der Leute, deren Reflexionen über die Vergangenheit und das "Jetzt", die Verfolgungs-Paranoia (ist es wirklich Paranoia oder sind die Leute wirklich dem Apparat und seinen Apparatschiks ausgeliefert?) und die Gastfreundschaft sind von Dir gut illustriert. Als Westeuropäer ohne Sprachkenntnisse ist es bestimmt nicht einfach, an diese Geschichten zu kommen. Man wäre beschränkt auf die englisch sprechenden Leute, die auf Grund ihrer Bildung wiederum ganz andere Ansichten vertreten, als die Schäfer, Bauern, Taxifahrer etc.

 

Freue mich auf mehr...

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Wir hatten nun doch drei (anstatt nur geplanten zwei) Nächte in einem Gästehaus in Sheki verbracht. Hier war neben uns noch ein Ehepaar aus Baku untergekommen, beide Anfang 50. "Geht bloß nicht in diese teuren Läden, wir können 'Gagarin' empfehlen - sehr gutes Essen zum günstigen Preis". Die deutschen Lebensmittelbehörden hätten den Laden wohl schon beim Betreten dicht gemacht, geschmeckt hat es trotzdem und gut vertragen haben wir es auch. Später treffen wir unsere "Nachbarn" uns mehr oder weniger zufällig auf eine Tasse Tee (die natürlich mit reichlich süßem Gebäck serviert wird). Eine Tasse Tee ist ohnehin der falsche Ausdruck, es werden typischerweise ganze Kannen serviert.

Er ist Ingenieur, hat sich selber Englisch beigebracht. Seine Frau war im Management für internationale Unternehmen tätig, ist jedoch gesundheitlich sehr angeschlagen und arbeitet deshalb nicht mehr. Wir führen sehr angenehme Gespräche, zeitweise auf vier verschiedenen Sprachen (er und ich auf Englisch, sie und meine Frau auf russisch, die beiden auf Aserbaidschanisch und wir beide auf deutsch). Mit der Arbeit scheint es in Aserbaidschan so eine Sache zu sein: wirklich zu hundert Prozent legal arbeiten nur die Wenigsten (Stichwort Rentenversicherung) - die meisten bekommen ihren Lohn zu einem mehr oder minder großen Teil "auf die Hand". Er sei glücklich, dass es bei ihm anders ist. Die beiden träumen trotzdem von einer Zukunft in Deutschland. Kontakte hat er bereits, da er mit Leuten eines großen deutschen Elektronikkonzerns zusammengearbeitet hat. Vielleicht hören wir nochmal voneinander, wer weiß...

 

Die Hauptverkehsrouten des Landes verlaufen alle durch Baku. Insbesondere ist es nicht möglich, mit dem Auto die sich quer durch den Norden des Landes ziehenden Berge zu überqueren. Wir müssen also zurück nach Baku, um von dort aus weiter in Richtung Norden nach Quba zu gelangen. Wir können

a) am Busbahnhof so lange warten, bis/ob ein richtiger Reisebus nach Baku abfährt

B) in eine der kleinen Marschrutkas steigen und warten, bis sich diese mit Menschen füllt

c) bei einem der zahlreichen "Taxifahrer" mitfahren.

 

Wir entscheiden uns für c) - schließlich haben wir noch Pläne. "Ihr könnt bei ihm mitfahren, er hat einen Mercedes". Der Fahrer versichert uns: "30 AZN pro Person" (15 EUR), es fahren außerdem zwei weitere Personen mit. Diese Fahrer gibt es an jedem Busbahnhof des Landes. Sie fahren mit dem eigenen Auto die Strecke von/nach Baku und sammeln auch für den Rückweg wieder vier Personen ein (wer den vollen Preis zahlt, kann natürlich auch alleine fahren). Er fährt tatsächlich einen Mercedes - mit großem Riss in der Windschutzscheibe, wie bei jedem zweiten älteren Fahrzeug. Der Tacho zeigt 980.000 km an, der Motor schnurrt wie ein Kätzchen. Zwischendurch gibt es wieder eine Teepause, der Fahrer lädt ein.

 

Auf dem Weg nach Quba geht es dann aber mit einer Marschrutka weiter. Die Teepause auf dieser Strecke ist glücklicherweise direkt gegenüber des über 300 Meter hohen Besh Barmag Berges angesetzt. So habe ich noch Zeit, ein Bild zu schießen.

 

Der Besh Barmag (fünf Finger) zwischen Baku und Quba.

40422402354_d05a3afa16_b.jpgDSC05377 by mat we, auf Flickr

 

In Quba selbst gibt es nicht all zu viel zu sehen. Zumal das Wetter eher bescheiden ist. Jedoch eignet sich die "Stadt" hervorragend als Sprungbrett, um zu dem entlegenen Bergdorf Xinaluq zu gelangen. Wir suchen uns also einen Fahrer, der bereit ist, uns dort hinzubringen. Für 70 AZN (35 EUR) holt er uns an der Unterkunft ab und fährt mit uns durch den dichten Nebel.

 

Auf dem Weg in das Bergdorf Xinaluq

40422402024_f914b0b1fd_b.jpgDSC05407 by mat we, auf Flickr 

 

Hat man die dichte Nebelwand erst einmal durchbrochen, erwarten einen unerwartete landschaftliche Eindrücke. Die Berge waren schließlich angesichts der Wetterlage nicht annähernd zu erahnen.

 

Der erste Eindruck, nachdem wir den dichten Nebel verlassen. Die Straße wurde erst im Jahr 2006 erbaut, das Jahr, in welchem der Präsident das Dorf besuchte.

40422401834_5cfaef7e7d_b.jpgDSC05412 by mat we, auf Flickr

 

Der Schnee schmilzt. Das restliche Tauwasser dümpelt durch das von Fluten zerklüftete Tal aus schwarzem Gestein.

40422401404_173ebbaa2d_b.jpgDSC05430 by mat we, auf Flickr

 

Der Blick aus Xinaluq auf die gegenüberliegende Bergseite.

26261906127_e1e0484722_b.jpgDSC05480 by mat we, auf Flickr

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Ganz herzlichen Dank für dein Bemühen uns mit diesen Bilder und dem Bericht an dieser Reise teilhaben zu lassen! Sehr schön wie du diesen Bericht schreibst! So ein Land mit nur zwei Festbrennweiten zu bereisen, dazu möchte ich auch den Mut haben! Ich gehe schon kaum aus dem Hause ohne mindestens drei dabei zu haben, es könnte ja sein....  :D

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Merci für diesen tollen Bericht!

 

Ist es immer noch so, dass viele Einheimische türkisch sprechen?

 

Kann mich noch erinnern, dass 2006 viele Türken aus diesem Grund nach Azerbajan reisten.

Es herschte eine richtige Goldgräber Stimmung.

 

Gruss Ivo

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